H.A.N.S. zieht Bilanz: seit 3 Monaten meldet der Chatbot von Laut gegen Nazis e.V. diskriminierende Inhalte auf Spotify.
• Chatbot H.A.N.S. von Laut gegen Nazis e.V. präsentiert die düstere Bilanz seiner bisherigen Arbeit
• Über 5000 Meldungen von User:innen nach nur 3 Monaten
• Sebastian Krumbiegel und Smudo unterstützen die Aktion
• Spotify reagiert fast nicht
Hamburg, 23.01.2023 3 Monate lang meldet der Chatbot H.A.N.S. (Hateful Audio Notification Service) vom Hamburger Verein Laut gegen Nazis e.V. nun schon diskriminierende Inhalte auf Spotify. Über 5.000 Meldungen von User:innen gingen bei H.A.N.S. ein, über 50,8% der gemeldeten Inhalte oder Künstler verbreiten faschistisches Gedankengut. Der prominenteste gemeldete Song ist aber ganz klar frauenfeindlich und hat knapp 430 Millionen Streams.
Rechte Inhalte auf Spotify weiter stark vertreten
„Das rechte Bands auf Spotify unterwegs sind, überrascht uns nicht. Gerade letztes Jahr haben wir mit unserer Aktion HetzJaeger ja selbst bewiesen, wie einfach die Plattform es solchen Bands macht ihre Inhalte zu verbreiten.” so Jörn Menge, Gründer und Vorsitzender von Laut gegen Nazis e.V.
Aber H.A.N.S. meldet nicht nur faschistiche Inhalte. 24,1% der gemeldeten Inhalte waren homophob, 10,6% frauenfeindlich. 5% riefen zu körperlicher Gewalt auf. Jeweils 4,5% waren antisemitisch oder rassistisch.
„Unsere Community ist natürlich stark auf rechte Inhalte fokussiert, H.A.N.S. kann aber jede Art von Diskriminierung anzeigen. Und solange Spotify nicht endlich selbst anfängt zu kontrollieren, wollen wir alle User:innen dazu aufrufen H.A.N.S. fleißig zu nutzen, um aufzudecken, wie sorglos Spotify diskriminierende Inhalte verbreitet.” sagt Jörn Menge.
Am häufigsten wurden bisher einzelne Songs gemeldet, hier vor allem homophobe Songs mit 44,6%. Faschistische (18,8%) und frauenfeindliche (14,9%) sind auf den Plätzen 2 und 3 dahinter.
Der prominenteste gemeldete Künstler hat immerhin knapp 50 Millionen monatliche Hörer – ein Antisemit.
Aktuell werden etwa 5 Songs pro Tag von den User:innen bei H.A.N.S. gemeldet.
Sebastian Krumbiegel und Smudo unterstützen die Aktion
Smudo von den Fantastischen Vier unterstützt den Verein schon lange und steht auch voll hinter dieser Aktion.
„Während der langen Zusammenarbeit mit „Laut gegen Nazis“ habe ich es immer wieder so beschrieben. Auf das Problem Rechtsextremismus und Menschenverachtung aufmerksam zu machen, ist wie eine Impfung. Sie muss regelmässig stattfinden, damit die Gesellschaft geschützt wird. Daher begrüße ich die zahlreichen Awareness Kampagnen, die ich in der Vergangenheit mit unterstützt habe. Sie sind wie kleine Nadelstiche, um immer wieder auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Schon bei der „HetzJaeger“ Kampagne konnte man feststellen wie resistent das Unternehmen Spotify gegen die eigenen Probleme ist. Spotify stellt kein schnelles Meldesystem, für solcherlei Inhalte zur Verfügung. Hier geht es nicht um Zensur, es geht um die Verbreitung von menschenverachtenden Songs auf einer Streaming-Plattform . Spotify reagiert überhaupt nicht auf die öffentliche Wahrnehmung und auch nicht auf die Anfragen von „Laut gegen Nazis“. Hier geht’s nicht, um Budgets, sondern um die moralische Verantwortung des Unternehmens selbst. Wer zulässt, dass solche Inhalte ohne Prüfung stattfinden, ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht bewusst.“ so Smudo.
Sebastian Krumbiegel geht sogar so weit, seinen eigenen Song „Hasso (mein Hund ist schwul)” zu melden: „Wir spielen diesen Song schon länger nicht mehr, weil sich homosexuelle Menschen bei mir über den Text beschwert haben. Der Song ist 25 Jahre alt, damals fand ich das lustig. Aber jede Art von Humor hat ihre Zeit, Zeiten ändern sich und die Zeit für diesen Song ist vorbei. Diskriminierung sollte nirgends stattfinden, weder in der echten Welt, noch im digitalen.” so der Sänger der Prinzen.
Melden war bisher auf Spotify gar nicht möglich
Bisher war das Melden von Inhalten auf der Plattform nicht möglich, der Verein nutzte clever eine Lücke im Spotify System und installierte einen WhatsApp Chatbot, mit dessen Hilfe User:innen Songs, Künstler und Playlisten endlich melden können. Seitdem wird jede einzelne Meldungen überprüft und dann an Spotify gemeldet.
Spotify reagiert verhalten
Die Plattform selbst reagiert praktisch gar nicht. Nur 4,5% der gemeldeten Inhalte wurden bisher auch entfernt. “Obwohl unsere User:innen Inhalte wie das verbotene Horst Wessel Lied gefunden haben und prominente Nazibands angezeigt haben, sind diese Inhalte weiter verfügbar. Playlisten wie „Juden gehen gerne duschen” oder „Heil Hitler!” sind weiterhin online und es gibt auch immer noch Coverbilder, die verfassungsfeindliche Symbole zeigen.” so Menge. In anderen Songs wird dazu aufgerufen homosexuelle Männer zu verbrennen oder zu ertränken und Frauen zu schlagen oder zu vergewaltigen. Für Spotify offenbar kein Grund, solche Inhalte zu löschen. Immerhin eine Reaktion von Spotify gab es dann aber doch: Eine E-Mail, in der sich für die Meldungen bedankt wurde – angekommen sind sie also.
Über H.A.N.S.
H.A.N.S. ist der Hateful Audio Notification Service, ein Chatbot, der über die „Teilen”- Funktion von Spotify eine Meldefunktion quasi nachrüstet. Über die Nummer: +49 1525 94 60 767 kann mit H.A.N.S. ein Inhalt direkt aus der Spotify App geteilt werden. Über verschiedene Fragen formuliert der Bot eine Nachricht an, die nach einer inhaltlichn Überprüfung dann Spotify gemeldet wird. Programmiert wurde H.A.N.S. pro bono von cake – dem interaktiven coworking Tool.
Unter folgendem Link finden Sie Video und Bildmaterial zur freien Verfügung.
Über „Laut gegen Nazis”
Laut gegen Nazis e.V. wurde 2004 auf St. Pauli gegründet und stellt sich dem weiter wachsenden Rechtsextremismus aktiv entgegen. Sie unterstützen Initiativen und Bündnisse gegen Rechts bei der Öffentlichkeitsarbeit, bilden Netzwerke und bieten kontinuierliche Beratung und Begleitung bei Veranstaltungen vor Ort. Sie nutzen die Popularität ihrer Partner aus Musik, Sport, Schauspiel und Gesellschaft, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren und eine bessere Verhandlungsgrundlage mit der Politik zu schaffen. Laut gegen Nazis e.V. betreibt außerdem den „Laut gegen Nazis“-Podcast.
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